Die Stele der Gründeräbte im Naturgarten "Alte Ziegelwiese"
Der Naturgarten und die Stele der Gründeräbte sind fertig, so dass Prior-Administrator P. Benedikt Michels am 25. Mai 2024 beide im Rahmen einer gut besuchten Feierstunde einweihen konnte. Dazu nahm er Bezug auf die Schöpfungsgeschichte und den Kernsatz: “Gott sah, dass es gut war.”
Warum kam es zu dem Projekt?
Spätsommer 2022 vor Beginn er Maßnahme
Im Anfang war diesmal nicht das Wort, sondern die Idee. Es war der frühere Vorsitzende des Forums Friedrich Esser, der 2021/22 vorschlug, hier in Marienstatt zusätzlich etwas für Natur, Artenvielfalt und Nachhaltigkeit zu tun, und zwar so, dass auch die Besucher des Ortes etwas davon haben. Das Projekt sollte für Mensch und Tier, Natur und Umwelt einen Nutzen haben ausgehend von dem Anspruch, dass ein Zisterzienserkloster nie Selbstzweck ist. Es lebt vielmehr von der Rückbindung an den Schöpfergott, will diesen in allem loben und verherrlichen. Die Mönche leben in Liebe und Verbundenheit zu Gott, der nach der Schöpfungsgeschichte im Buch Genesis (Kap. 1, 28) dem Menschen die Erde zuweist. „Macht Euch die Erde untertan“ heißt dabei auch „Behandelt sie mit Ehrfurcht“, „Sorgt verantwortungsvoll für sie“ oder „Bewahrt die Schöpfung“. Das Paradies ist ein Garten und der Klostergarten soll das irdische Paradies darstellen.
Zurück hier an diesen Ort: Es sollte eine möglichst umfassende ökologische Aufwertung erreicht und damit ein weiteres wichtiges Beispiel für die nachhaltige Entwicklung der Abtei gestaltet werden. Damit wird an die alten, zentralen Traditionen der Zisterzienser angeknüpft, einerseits Land urbar zu machen, es andererseits aber auch im Einklang mit der Natur zu fördern, um Gottes Schöpfung zu bewahren.
Im Blick hatte Friedrich Esser den Bereich oberhalb des Brauhauses. Es war eine Wiese mit einigen Bäumen, ökologisch ziemlich wertlos. Es ist altes Klostergelände, das zumindest in den letzten 300 Jahren und vermutlich auch vorher, als Wiese oder Ackerland genutzt war. Der Mühlengraben, der für die Wasserzufuhr zur Mahlmühle sorgte, durchquerte die Wiese in West-Ost-Richtung. Wie später P. Martin mitteilte, trägt der Bereich im Kloster den Namen „Alte Ziegelwiese“. Die Bezeichnung geht zurück auf den Bau des heutigen Brauhauses, das im Kern 1869 als Pilgerheim in Ziegelbauweise errichtet wurde. Die Ziegel wurden auf dieser Wiese in einem dafür gebauten Ofen gebrannt. Der Lehm kam aus einer Grube auf der anderen Nisterseite. Das notwendige Wasser konnte man dem Mühlengraben entnehmen.
Das Forum hat den Vorschlag, der zunächst unter der Überschrift Blühstreifen oder Blühwiese firmierte, dem Konvent unterbreitet, der ihm grundsätzlich zustimmte.
Wie sollte das Ganze umgesetzt werden?
Sommer 2023 Konvent und Forum suchten das Gespräch Hanns Günter Börgerding, der auch schon andere Projekte in Marienstatt erfolgreich umgesetzt hat. Er kam, sah und machte einen guten Vorschlag, nämlich als guter Ehemann den, seine Ehefrau einzuschalten. Frau Schnug-Börgerding, die als studierte Landschaftsarchitektin auch nicht unbekannt war, lieferte einen überzeugenden Entwurf mit der Anlage großflächiger Blühflächen. Die noch gesunden Bäume blieben erhalten. Der Naturgarten wurde neben alten Obstsorten, die in Abstimmung mit Fr. Bernhard ausgewählt wurden, um verschiedene Nussgehölze ergänzt: Esskastanien (Maronen), Wal- und Haselnüsse haben sich im Klimawandel bislang als hitze- und trockenheitsresistenter erwiesen. Rosen blühen eine lange Zeit und bieten so über Monate hinweg Nahrung. Die den Naturgarten einfassenden Hainbuchenhecken wurden erweitert. Bei allen Maßnahmen bleibt der Blick auf die Abtei und insbesondere die Basilika erhalten. Im Naturgarten gedeiht auch eine Elsbeere. Diesen Baum segnete 2019 Papst Franziskus in Rom und anschließend fand er hier seine Heimat.
Ein Wegekreuz aus kurz geschnittenem Gras erschließt den Garten. Ruhebänke laden zum Verweilen ein. Dieser Entwurf wurde im Herbst 2022 und Winter/Frühjahr 2023 umgesetzt. Bereits im letzten Sommer und Herbst zogen die bunten Blühbereiche mit immer wechselnden Farbtönen Insekten und Betrachter in den Bann. Bei der Auswahl der Samenmischung wurde darauf geachtet, dass möglichst lange im Laufe des Jahres für Insekten nutzbare Blüten vorhanden sind, getreu dem Motto des bekannten Gärtners Karl Foerster: Es wird durchgeblüht!
Der Blickfang
Für den Kreuzungspunkt der Wege hatte Frau Schnug-Börgerding einen Blickfang vorgesehen, neudeutsch „Eye-catcher“ genannt.
Die zündende Idee zu diesem Blickfang stammt von P. Martin, der darauf hinwies, dass im Außenbereich der Abtei bisher die Wurzeln des Ordens, verkörpert durch die 4 sog. Gründeräbte nicht vorkommen.
Dieser Vorschlag fand großen Beifall in Konvent und Forum.
Doch wie das ganze realisieren?
Wir erinnerten uns an Walter Jansen, der uns durch einige Arbeiten in und am Altenberger Dom nicht unbekannt war und bei dem uns ganz besonders seine Spiritualität, seine feste Basis im christlichen Glauben beeindruckt hatte. Er hat für die Basilika den Kreuzweg in Gestalt der schlichten Holzkreuze geschaffen.
Wir fragten an und erhielten eine grundsätzliche Zusage.
Wie kam es zu dem jetzt fertig gestellten Kunstwerk?
Hören Sie den Künstler:
!3!„Wichtig waren für mich zuerst einmal ergänzende Informationen zu Ort, Material, Zeitvorgaben und nötigen Aussagen inhaltlicher Art zu bekommen. So verabredete man sich zu einer Ortsbegehung. Ich erhielt, um was ich nachfragte, notwendige Bildbausteine. Ihre Kenntnis ist Voraussetzung, um mit der Entwurfsarbeit überhaupt beginnen zu können.
Bildbausteine nenne ich vorgefundene oder vorgegebene Fakten. Sie bestimmen zu einem wesentlichen Teil die Gestalt dessen, was werden soll.
Der Baugrund der Skulptur im Kloster liegt in einer Streuobstwiese, heute noch bepflanzt mit wenigen alten Obstbäumen und ergänzt um einige neue, junge Bäume. Er trägt die Bezeichnung „Naturgarten Alte Ziegelwiese“. An dieser Stelle sind wohl vor Zeiten Feldbrandziegel hergestellt worden. Das Gelände befindet sich im südwestlichen Klosterareal mit sanfter Hanglage nach Norden geneigt. Seiner Großform nach bildet der Ort ein annähernd langes gestrecktes Rechteck. Er ist von Hecken und Gehölzen umstanden. Zwei Rasenwege, beide gleich breit, verlaufen fast mittig und vierteln ihn. Sie schneiden sich und treffen rechtwinklig aufeinander. Dadurch entsteht eine Quadratfläche. Die bildet ein Zentrum. Eine Skulptur würde die Stelle noch betonen. Ein weiterer Bildbaustein ist die Vier. Das Grundstück, die bereits vorbereiteten Beete und die beiden Wege zeigen die Geometrie der Vierecke. Das Quadrat in der Gartenmitte ist der speziellste Vertreter dieser Formengruppe. Das alles wird bestimmt durch den dynamischen Wechsel der Jahreszeiten. Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Das sind vier Garanten für sich immer wieder wandelnde Eindrücke. Und genau vier Bänke laden zu Ruhe und Kontemplation ein.
Nicht zuletzt sollen in diesem Garten vier Männer vorgestellt werden.
Jeder hat auf seine besondere Weise die Ordensgemeinschaft beeinflusst, geprägt; Robert von Molesme, Alberich von Cîteaux, Stephan (Stephen) Harding und Bernhard von Clairvaux. Im Entwurf sind diese Faktoren nun zu berücksichtigen.
Eine Skulptur ist etwas Dreidimensionales und wo die Vier ein Bildbaustein ist, werden Rechteck und Quadrat räumlich zu Quader und Kubus. Eine Vierkantsäule, ein Pfeiler, eine Stele aus vier Teilelementen bietet sich deshalb als Großform an.
Ein Kubus über quadratischer Grundfläche mit nach oben abgefasten Schrägen aus grau belegtem Sichtbeton bildet die Basis.
Daraufgesetzt eine quadratische Vierkantsäule, verblendet mit winkelförmig geschnittenen rostroten Feldbrandziegeln.
Als Drittes folgt ein kubisches Kapitell, das weit zur Größe von einem Viertel Quadratmeter auskragt. Es besteht wie die Basis aus graubelegtem Sichtbeton. Die Namen der Gründeräbte sind in eingelassenen Bronzeschildern zu lesen. Und ein umlaufendes Relief erzählt in Augenhöhe wie sich von Cîteaux aus die Klöster des Ordens bis nach Marienstatt ausbreiteten.
Die Gruppe der vier Gründeräbte bildet dann oben den Abschluss der Stele. Die Mönchsgestalten sind Bronzeskulpturen. Abtsstäbe verweisen auf ihre Funktion in der Ordensgemeinschaft. Ihnen zugeordnete Attribute wie Kirchbauten, Kreuz, Bienenkorb, als Kleidungsstück das Tuch einer Kukulle und Bücher erinnern an ihre Leistungen für die Mitbrüder und die Menschen insgesamt. Die Männer bewegen sich auf dem Kapitell im Kreis, umschreiten die räumliche Mitte der Stele.“
Die Realisierung
Das Ergebnis seiner Überlegungen für eine Stele mit Bronzefiguren und einer Darstellung der ordensmäßigen Abstammung von Marienstatt, der Filiation stellte er zunächst zweidimensional in Papierform dar. Es folgte eine Markette, ein dreidimensionaler Minientwurf. Es folgten Detailskizzen und vollplastische Gipsfiguren, die dann Grundlage für den Guss durch die Firma Schweitzer bildeten. Bei seinen Entwürfen kam es Herrn Jansen auch auf Details an. Die Äbte zeigen individuelle Gesichtszüge (wobei wir natürlich kein Foto der Personen zu Lebzeiten hatten). Mit Klosterarchivar Jörg Ditscheid stimmte er sich über die Formen des Zisterziensergewandes ab, damit die Mönche aus Bronze tatsächlich auch als Zisterzienser gelten können.
Die Stele steht auf einem festen Betonfundament und war so schwer, dass sie in die Baugrube mittels schweren Geräts gehoben werden musste. Beides war wiederum Aufgabe der Fa. Börgerding. Beide – Gartenbauer und Künstler haben sehr gut aufeinander abgestimmt gearbeitet. Wenn ein Termin ausgemacht war, dann stand er auch.
Ende Oktober 2023 stand die Basis der Stele, die von Herrn Jansen und seinem Bruder Wolfgang mit den Klinkern verkleidet worden war. Auch waren die Bronzereliefs zur Filiation angebracht. In diesem Zustand ging die Stele in Winterruhe und hat alle Unbilden des Winters gut überstanden.
Für März 2024 kam die Nachricht, dass die Fa. Schweitzer mit dem Guss der Figuren beginnen kann. Mitte April wurden die mittlerweile patinierten Figuren nach Marienstatt gebracht und von den Herren Jansen sowie Herrn Hans-Willi Schweitzer auf der Metallabdeckung montiert und dann per Raupe der Fa. Börgerding auf den Stelensockel gesetzt. Alles passte wunderbar. Erst in der Höhe entfalten die Bronzefiguren ihre volle Wirkung und Schönheit. Zum Schluss deckten die Brüder Jansen noch den Fundamentsockel mit gebrannten Fliesen ab und gleich die Fa. Börgerding das Terrain ab, so dass alles fertig und in sich stimmig ist.
kleines Detail: die Basilika von Marienstatt Schauen Sie sich die Stele aus der Nähe an. Sie werden viele Details finden, die zum Nachdenken und vielleicht auch Schmunzeln anregen. Genießen Sie den Garten, erfreuen Sie sich an Blüten und Früchten.
Danke!
Ein solch großes und gelungenes Werk hat viele Väter und Mütter, denen Konvent und Forum zu Dank verpflichtet sind.
Unser Dank gilt Frau Schnug-Börgerding für den Plan und Herrn Börgerding und seinen Mitarbeitern für dessen Umsetzung.
Herzlichen Dank Herrn Walter Jansen für die eindrucksvolle Umsetzung der Idee von P. Martin, die Gründeräbte im Garten dazustellen, seinem Bruder Wolfgang Jansen für die Unterstützung beim Aufbau und der Fertigstellung der Stele. Der Gießerei Schweitzer für die Fertigung der Bronzen als Reliefs und Plastiken und ganz besonders dem Seniorchef Hans Willi Schweitzer für die Montagearbeiten hier vor Ort. Wenn man sie alle hier traf, hatte man immer den Eindruck, dass sie mit Kopf und Herz bei der Sache waren.
Sie alle haben einen tollen Job gemacht.
Dank gilt aber auch den Mitgliedern und Freunden des Forums. Mit den Mitgliedbeiträgen und Spenden wurde dieses Projekt erst ermöglichst. Besonderer Dank gilt den Sponsoren, die bei zwei Spendenaufrufen – 2022 für die gärtnerischen Arbeiten und 2023 für die Herstellung der Stele – jeweils ca. 10.000 € gespendet haben. Danke und vergelt’s Gott.
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