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Chorgebet

Ausdruck der Begegnung von Mensch und Gott


Viermal am Tag versammelt sich die Mönchsgemeinschaft in der Abteikirche zum Chorgebet, das in Marienstatt in lateinischer Sprache gesungen wird.

„Dem Gebet soll nichts vorgezogen werden“, schreibt Benedikt in seiner Regel. Auch der große Heilige unseres Zisterzienserordens, Bernhard von Clairvaux, weiß um den Wert des Gebetes, wenn er seinen Mönchen einmal sagt: „Achte dein Beten nicht gering, denn der, zu dem du betest, achtet es auch nicht gering.“

Die Hauptform des Gebets in einem Kloster nach der Regel Benedikts ist das gemeinsame Chorgebet, das ursprünglich das Gebet der ganzen Gemeinde und kein Privileg der Klöster war. Es enthält zu den einzelnen Gebetsstunden (Horen) die Psalmen des Alten Testaments, Hymnen (Lieder), Responsorien (Wechselgesänge) und weitere Lesungen und Gesänge aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments.

Wie in den Stundengebeten so werden auch die Texte der Eucharistiefeier in der jahrhundertealten Tradition des Gregorianischen Chorals gesungen – im Rhythmus der Tage und Wochen, im Festkreis des Kirchenjahres. Der Gregorianische Choral ist nicht in erster Linie Gesang, sondern Vortrag heiliger Texte auf einer möglichst hohen Stufe des Erklingens, Erklingen von Gottes Wirklichkeit. Das Wort Gottes hat Wirklichkeit geschaffen, und wir glauben, dass es auch heute noch Wirklichkeit schafft; deshalb beten und singen wir sie heute noch.

Die ersten Zisterzienser führten Choralreformen durch, weil sie auch beim Gesang die Benediktsregel genau beachten wollten. Der Zisterzienserchoral hat meistens einen geringeren Tonumfang und weniger lange und weitschweifige Tonfolgen über einer Silbe als der Gregorianische Choral.

Gebetsstunden (Horen)

  • Vigilien/Matutin

    Vigilien (lat. vigilia – das Wachen, die Nachtwache) bzw. Matutin (lat. matutinus – morgendlich)

    Das Gebet in der Nacht eröffnete die Gebetszeiten eines Tages. Die Vigilien endeten ursprünglich bei Sonnenaufgang mit dem Lobpreis. Diesen morgendlichen Lobpreis nannte man Matutin und später entwickelte sich als selbstständiger Bestandteil daraus die Laudes. Seit dem 12. Jahrhundert verlegte man die Vigilien auf die frühen Morgenstunden oder rückte sie auf die Zeit vor Mitternacht hinauf. Daraus entstand vielerorts der Brauch, die Vigilien schon am Vorabend zu halten. Dieser Brauch ist in Marienstatt bis heute erhalten, zudem wird die Matutin hier mit der Komplet kombiniert.

    Die Matutin umfasst zwei Nokturnen (lat. nocturnus – nächtlich), aufgeteilt in erste und zweite Woche mit je drei Psalmen und entsprechenden Lesungen. Die Feste und Hochfeste haben eigene Psalmen und Lesungen. Die Einteilung in Nokturnen entspricht dem römischen Rhythmus der Nachtwache, die alle drei Stunden wechselte.

  • Laudes

    (lat. laus – Ruhm, Lobgesang)

    Die Laudes stellen am Morgen entsprechend der abendlichen Vesper einen Angelpunkt des Stundengebetes dar. Nach alter Überlieferung gedenkt man besonders der Auferstehung Christi. Dem eigentlichen Morgengebet wird in Marienstatt das Invitatorium (Gebetseinladung) „Herr öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde“ mit Psalm 95 vorangestellt. Dieser Psalm eröffnete ursprünglich die nächtlichen Vigilien. Die Laudes bestehen täglich wechselnd aus zwei Psalmen und dem Canticum des Alten Testaments, das im Winter und Sommer wechselt. Es folgt einer der Lobpsalmen (Psalm 148-150), eine Lesung, ein Wechselgesang (Responsorium), ein Hymnus und als Kernstück der neutestamentliche Lobgesang des Zacharias (Lk 1, 68-79); auf ihn folgen das „Kyrie eleison“ (Herr, erbarme dich), das Vaterunser und das Schlussgebet.
    Die Laudes werden mit einem Gesang zu Ehren der Gottesmutter beschlossen: Sub tuum praesidium confugimus, sancta Dei genitrix. – Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, heilige Gottesgebärerin.

  • Prim, Terz, Sext und Non

    (lat. prima, tertia, sexta, nona – die erste, dritte, sechste, neunte Stunde)

    Die sogenannten kleinen Horen waren nach römischer Tageseinteilung die Gebete zur ersten, dritten, sechsten und neunten Stunde des Tages, beginnend mit Sonnenaufgang – also etwa um 6, 9, 12 und 15 Uhr.
    In Marienstatt werden sie in der Mittagshore zusammengefasst. An deren Ende steht täglich das Gedächtnis der verstorbenen Marienstatter Mitbrüder und Wohltäter aller Jahrhunderte mit Psalm 129 (130).

  • Vesper

    (lat. vespera – abends, zur Abendzeit)

    Der liturgische Abendgottesdienst ist einer der ältesten und wichtigsten Teile des Stundengebetes. Die Vesper als gemeinsames Abendgebet ist sicher älter als das christliche Mönchtum und hat ihren Ursprung im Abendopfer des jüdischen Tempeldienstes (Ex 30,8). Die Vesper dankt für den endenden Tag und für die empfangenen Heilstaten Gottes.

    Der Aufbau der Vesper ist dem der Laudes ähnlich; es werden allerdings vier Psalmen und als neutestamentlicher Lobgesang das Magnificat (Lk 1, 46-54) gesungen. Die Vesper endet mit einem Gesang zu Ehren der Gottesmutter, der sogenannten marianischen Antiphon, die je nach Festkreis im Jahresverlauf wechselt. In Marienstatt besucht der Konvent zum Schluss außerdem das Gnadenbild mit der Schmerzhaften Muttergottes und singt dort das römische „Salve Regina“.

  • Komplet

    (lat. completus – erfüllt, vollendet)

    Die letzte Gebetsstunde ist das Nachtgebet. In Marienstatt wird es an die vorgezogene Matutin des nächsten Tages angeschlossen. Die Psalmen der Komplet sind im Zisterzienserorden immer gleich. Die Komplet beginnt mit dem Lesesegen und einer Kurzlesung; es folgen die Psalmen 4, 91 (90) und 134 (133). Dann folgt immer der gleiche Hymnus. Mit einem kurzen Kapitel (Jer 14,9), dem Vaterunser, den Schlussgebeten und dem zisterziensischen „Salve Regina“, dem Gruß an die Gottesmutter, schließt die Komplet. Zum Abschluss wird der „Angelus“ („Engel des Herrn“) in Stille mit Glockenzeichen gebetet, dann gehen die Mönche mit dem Segen des Abtes in die Nacht.


Unsere Gebetszeiten…



Gespräch zwischen Gott und Mensch

Die gesungenen Worte des Chorgebets sprechen immer vom gleichen Thema: der Liebesgeschichte Gottes mit uns Menschen. Wenn Menschen „Gottesdienst“ feiern, dann ist es nicht ihr Dienst an Gott, sondern vielmehr der Dienst Gottes an den Menschen, den er in der Schöpfung begonnen hat. Die Psalmen, Hymnen und Lieder erinnern an die Liebeserweise Gottes, die begonnen haben durch sein Wort. Sie bleiben auch Worte, die Gott dem Menschen schenkt, in denen er selbst – im Beten – den Tag des Menschen kommentiert. Es entsteht ein Gespräch zwischen Gott und Mensch.

„Hörendes Singen“

Wenn man es schafft, hörend zu singen und singend zu hören, wird auch das Herz immer offener für den im Wort gegenwärtigen Gott und für den Mitmenschen, den ich höre. Für einen Mönch, der versucht nach der Regel Benedikts zu leben, gibt es wohl nichts Wichtigeres als das Hören, den tatsächlichen Willen zum Hinhören – eine Fähigkeit und Bereitschaft, die uns immer mehr verloren geht. Nicht zufällig beginnt Benedikt seine Regel mit dem Anruf „Höre, mein Sohn, auf die Worte des Meisters, neige das Ohr deines Herzens!“ Hinhören heißt: mit dem Herzen hinhören, „ex corde“ hören.


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Wappen Marienstatt

Was mein Leben in Marienstatt reicher macht

 Mich bereichert das tägliche Psalmenbegleiten, wo ich mit improvisierten Melodien und Harmonien das Gehörte musikalisch neu interpretieren und ausschmücken kann. Dabei bin ich mitten in der Gemeinschaft der Brüder und bin dort ganz aufgehoben.

Zudem bereichern mich viele kleine Begegnungen mit den Mitbrüdern im normalen Alltag, wenn ich da einspringen kann, wo ich gebraucht werde.

Fr. Gregor Brandt


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