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Ordensgeschichte

Die Geschichte der Zisterzienser


Aus der benediktinischen Reformbewegung von Cîteaux und durch prägende Persönlichkeiten wie Bernhard von Clairvaux entstand der Orden der Zisterzienser, der bereits in seiner Anfangszeit europaweit wirkte.

Die Anfänge

Die seit der Mitte des 11. Jahrhunderts in Frankreich bestehende religiöse Erneuerungsbewegung löste in vielen Benediktinerklöstern eine Krise aus.

Die benediktinische Reformbewegung der Zisterzienser, die das Ordensleben wieder auf eine genaue Beachtung der Regel des hl. Benedikt (um 480-547) ausrichten wollte, hatte ihren Ursprung in der Gründung des Stammklosters Cîteaux in Burgund. Der Ortsname leitet sich vom lateinischen „cistercium“ ab – daher die Ordensbezeichnung „Ordo Cisterciensis“ (O.Cist. bzw. OCist) und der deutsche Name des Ordens „Zisterzienser“.

Die Gründerväter des Zisterzienserordens

  • Robert von Molesme (um 1027-1111)

    1073/74 sammelte Robert (zu der Zeit noch Abt von St. Michel in Tonnerre) eine Gruppe von Einsiedlern um sich, die den Zielen der Benediktsregel wie Einsamkeit, Einfachheit und weiser Maßhaltung wieder näherkommen sollte. Sie wollten die Regel Benedikts unverfälscht und entschieden befolgen und ein Leben in äußerster Einfachheit führen. Das sollte sich in allen Bereichen ihres Lebens äußern: in der Lebensweise, in der Liturgie, in der Bauweise ihrer Klöster.

    Ein Jahr später gründete Robert mit seinen Gleichgesinnten in Molesme ein Benediktinerkloster, das sich jedoch sehr rasch zu einer einflussreichen und wohlhabenden Abtei entwickelte und dem Klosterverband von Cluny angegliedert wurde, der den Benediktinerorden seit dem 10. Jahrhundert prägte und dominierte.

    Das geistliche Leben, das man ursprünglich hatte fördern und reformieren wollen, verflachte durch den anwachsenden Wohlstand zusehends. So spielten Abt und Konvent von Cluny in der Welt- und Kirchenpolitik wie auch wirtschaftlich eine immer gewichtigere Rolle, die man bei der Gründung nicht angestrebt hatte. Deshalb verließ Robert mit päpstlicher Zustimmung seine Gründung und zog 1098 mit 21 Mönchen in die Einöde, an den neuen, später Cîteaux genannten Ort, um ein neues, möglichst authentisches Leben nach der Regel („puritas regulae“) zu beginnen. Zunächst heißt die Gründung einfach „novum monasterium“ – „Neukloster“, um damit den radikalen Neubeginn zu verdeutlichen.

  • Alberich von Cîteaux (um 1050-1109)

    Da Robert schon ein Jahr später auf Weisung des Papstes nach Molesme zurückkehren musste, wählte der Konvent den bisherigen Prior Alberich zum neuen Abt. Er baute das Neukloster geistig und materiell aus und erwirkte schon 1100 ein päpstliches Privileg, das ihm eine gewisse Unabhängigkeit und Freiheit zusicherte. Außerdem legte er die wesentlichen Punkte der neuen Lebensordnung (Observanz) in einer Satzung nieder.

    Nicht nur diese Satzung, sondern auch die Änderung der Ordenstracht war ein Bestandteil der Abgrenzung. Statt des bisher schwarzen, gefärbten Habits trug man nun ein weißes, ungefärbtes Gewand aus Schafswolle. Nur die Arbeitsschürze (Skapulier) verblieb schwarz. Auch in der Ortswahl der klösterlichen Ansiedlung grenzte sich die neue Gemeinschaft ab. Man baute nicht mehr am „herrschaftlichen“ Platz auf dem Berg, sondern siedelte im Tal. Dahinter verbirgt sich auch ein geistliches Anliegen: ein neues Christusbild. Im Blickpunkt des suchenden Menschen stand nicht mehr der herrschaftliche, göttliche Christus, der „Pantokrator“, sondern der leidende Jesus am Kreuz in seiner Menschlichkeit.

    Dem entspach die Ortswahl „ganz unten“ im Tal. Hier nahm letztlich auch die spezielle, dem Kreuz eng verbundene Christusbeziehung, wie sie die Zisterzienser maßgeblich voranbrachten, ihren Anfang.

  • Stephan Harding (1059-1134)

    Als Alberich 1108 starb, wurde der Engländer Stephan Harding, der damals ebenfalls von Molesme an den inzwischen Cîteaux genannten Ort übergesiedelt war, sein Nachfolger; er konnte das Leben der Klostergemeinschaft weiter festigen. Um das Gründerideal wachzuhalten und die Beziehung der einzelnen Klöster zu regeln, schuf Abt Stephan eine Grundverfassung für den entstehenden Orden: die „Carta Caritatis“.

Carta Caritatis

Die Carta Caritatis, die Urkunde der Liebe, ist bis heute das einigende Band aller Zisterzienserklöster. Sie wird erstmals 1119, in ihrer Endfassung 1152 vom Heiligen Stuhl approbiert. Die Carta formuliert das Wesen zisterziensischen Lebens so: „Wir wollen in einer Liebe, unter einer Regel und mit einheitlichen Gewohnheiten leben.“ („Una caritate, una regula similibusque vivamus moribus.“)

Durch sie erreichte das abendländische Mönchtum eine neue Phase seiner Entwicklung. Waren nach Benedikt die einzelnen Klöster noch völlig unabhängig voneinander, so kannte umgekehrt Cluny einen Verband von Klöstern, die vom Mutterkloster und dessen Abt gänzlich abhängig waren. Nach dem von den Zisterziensern entwickelten Modell sollte jedes Kloster seinen Abt haben und selbstständig sein.

Zur Bewahrung der Einheit sollten jedoch alle Äbte jährlich zu einer gemeinsamen Versammlung (Generalkapitel) in Cîteaux zusammenkommen. Außerdem hatte jeder Abt jährlich jedes seiner Tochterklöster aufzusuchen (Visitation), um die Gemeinsamkeit zu fördern und etwaige Missstände zu beseitigen.

Bernhard von Clairvaux

„Gott und die Seele sind Bräutigam und Braut. Was suchst du zwischen den Brautleuten
ein anderes Bedürfnis oder eine andere Bindung, als geliebt zu werden und zu lieben?“

Bernhard von Clairvaux (1090-1153)

Bernhard von Clairvaux war einer der bedeutendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Unter seiner Führung erlebte der Zisterzienserorden eine Blütezeit.

Sein Leben und Wirken

Nach harten Jahren des Aufbaus und ausbleibenden Neuzugängen war der Eintritt des burgundischen Adeligen Bernhard von Fontaines und seiner dreißig Gefährten im Jahr 1113 das entscheidende Ereignis. Seine Berufung, seine charismatische Persönlichkeit und sein Wirken zogen so viele Gleichgesinnte an, dass in kurzer Zeit vier Neugründungen vorgenommen werden mussten, nämlich La Ferté (1113), Pontigny (1114) sowie Clairvaux (1115) und Morimond (1115).

Bernhard wurde 1115, erst 25-jährig, erster Abt von Clairvaux. Er machte „clara vallis“ – das lichte Tal – zum Ausgangspunkt eines weitverzweigten Filiationssystems. Bernhard selbst gründete 68 Klöster, davon in Deutschland der Überlieferung nach Eberbach im Rheingau und im Jahre 1134 das Kloster Himmerod in der Eifel. Durch sein kirchenpolitisches Wirken öffnete er seinen Orden bald aber auch für ganz Europa. Die Zisterzienser breiteten sich in den folgenden Jahrzehnten geradezu explosionsartig aus. Bernhard von Clairvaux setzte sich nicht nur für die Ausbreitung seines Ordens ein, sondern betätigte sich auch kirchen- und weltpolitisch. Er beriet Päpste, Könige und den Kaiser und war am Zustandekommen des Zweiten Kreuzzugs beteiligt.

Bei Bernhards Tod am 20. August 1153 gehörten zum neuen Orden insgesamt etwa 350 „Zisterzen“ in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, der Schweiz, Österreich, England, Schweden und Polen. Ende des 12. Jahrhunderts zählte der Orden 530 Klöster. Bereits 1174 wurde Bernhard von Papst Alexander III. heiliggesprochen. 1830 erfolgte die Ernennung zum Kirchenlehrer durch Papst Pius VIII.

Seine Spiritualität – „Glühen ist mehr als wissen“

Bernhard galt als der größte Prediger seiner Zeit, der sowohl durch das gesprochene als auch durch das geschriebene Wort viele Menschen begeisterte und zum Glauben an Jesus Christus führte. Später bezeichnete man ihn auch als „Doctor melifluus“, als ein Lehrer, dessen Worte süß wie Honig waren. Noch heute haben seine Aussagen Einfluss auf viele Menschen.

In der christlichen Frömmigkeitsgeschichte leitete Bernhard einen Paradigmenwechsel ein. Über Jahrhunderte hatte man Jesus Christus als den Gott-König und Weltenherrscher (Pantokrator) verehrt. Bernhard setzte sich nun dafür ein, dass jeder einzelne Gläubige in eine persönliche Beziehung mit Jesus treten konnte, und wurde damit sozusagen zum Begründer persönlicher „Jesus-Frömmigkeit“.

Für Bernhard war gerade der leidende Christus in seiner Menschlichkeit den Menschen nahegekommen. Eine häufige Darstellung zeigt, wie sich der gekreuzigte Jesus zu Bernhard hinabneigt und ihn liebevoll umarmt. Mehr als alles andere war Bernhard ein Lehrer der Liebe, der die Beschreibungen für diese Liebe zwischen Gott und dem einzelnen Menschen aus dem Hohelied Salomos übernahm und es wagte, statt bislang traditionell in der Kirche nun in der einzelnen Seele die Braut zu sehen.

Auch der Gottesmutter galt seine innigste Liebe, weshalb man ihn auch „Doctor marianus“ nannte. Alle Zisterzienserkirchen sind Maria geweiht.

Bernhard bei Wikipedia

„Nirgendwo zeigt Gott seine Liebe so deutlich wie im Geheimnis seiner Menschwerdung und seines Leidens; nirgendwo wird seine Zuneigung offenkundiger, nirgendwo leuchtet seine Güte heller auf als in seinem Menschsein.“

Aufbruch in die Neuzeit

Aus der Reformbewegung von Cîteaux war ein eigenständiger Orden geworden, der bereits in seiner Zeit europaweit wirkte.

„Kulturpioniere“

Den frühen Zisterziensern kam dabei besonders zugute, dass sie nicht nur geistlich, sondern auch als „Kulturpioniere“ tätig waren. Ihre Leistungen in Fisch- und Pferdezucht, Obst- und Weinanbau und sogar im Bergbau waren richtungweisend.

Die Abgeschiedenheit des Ortes, die Reinheit der Form und die Einfachheit der Lebensvollzüge, das waren Kernelemente des neuen zisterziensischen Lebens. Aus all dem entfalteten sich eine eigene zisterziensische Architektur, Wirtschaft, Kunst und Liturgie als äußere Erscheinungsformen des ihnen zugrunde liegenden Ideals der Einfachheit. Kultur war bei den Zisterziensern immer eng verbunden mit dem „Kult“, verstanden als den das gesamte Mönchsleben umfassenden Gottesdienst.

Weibliche Gemeinschaften

Die dem neuen Orden seit 1120 zugehörenden weiblichen Gemeinschaften übertrafen bald zahlenmäßig die Männerklöster. So wurde die Spiritualität der Zisterzienser bis ins 15. Jahrhundert nicht nur von Mönchen (Bernhard, Aelred von Rievaulx, Wilhelm von St. Thierry), sondern auch immer wieder wesentlich von mystisch begnadeten Nonnen des Ordens (Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta, Luitgard von Tongern, Mechthild von Hackeborn) geprägt.

Expansion

Ebenfalls 1120 wurde als erstes Kloster auf deutschem Boden Kamp am Niederrhein von Morimond aus gegründet. Es war zusammen mit dem Kloster Altenberg im Rheinland Ausgangspunkt einer Expansion des Ordens in den Osten. Dort, vor allem östlich der Elbe, sahen auch die Zisterzienser eine neue Aufgabe darin, das Land, das sie vorfanden, urbar zu machen und zu kolonisieren: Sie rodeten Wälder, trockneten Sümpfe aus, und mittels neu entwickelter Bewässerungstechniken erschlossen sie brachliegendes Nutzland. Durch ihre landwirtschaftlichen Erfolge, die sie mit neuen Agrartechniken erreicht hatten, gelangten die Zisterzienser sehr schnell zu wachsendem Wohlstand.

Weit vom Kloster entfernt liegende Ländereien wurden durch sogenannte Grangien, auf denen vorwiegend Laienbrüder (Conversen) und Lohnarbeiter (mercenarii) beschäftigt waren, bewirtschaftet und verwaltet. Mit Erstarken der Zünfte, des Städtewesens und damit des Geldverkehrs im 14. Jahrhundert brach das bisherige System der klösterlichen Eigenwirtschaft langsam ein, und die Klöster waren gezwungen, in den aufblühenden Städten Stadthöfe einzurichten, die die klösterlichen Waren vermarkteten.

Verfall

Mit dem Auftreten der ersten Bettelorden im 13. Jahrhundert, die besonders in den Städten erstarkten, begann der schleichende Verfall der Zisterzienser. Seit dem Ende des Mittelalters erlitt der Orden durch zahlreiche äußere Einflüsse große Verluste. Die Reformation löschte in England, Schottland, Skandinavien und in den zum Heiligen Römischen Reich gehörigen Niederlanden und Ungarn sämtliche Zisterzienserklöster aus, im restlichen Reich und in der Schweiz einen erheblichen Teil von ihnen.

Die französischen Klöster verarmten immer mehr, da sie die wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Zeit auf Kosten der ursprünglichen Strenge nicht mittragen wollten. Etwa um 1600 entstand im Orden eine Bewegung, die zu einer strengeren Beobachtung der Regel zurückkehren wollte. Ursprungsort dieser Bewegung war die Abtei La Trappe in der Normandie. Diese Abtei und einige von dort besiedelte Klöster schlossen sich zu eigenen Kongregationen innerhalb des Zisterzienserordens zusammen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstärkten sich die Spannungen zwischen den „Zisterziensern der Strengen Observanz“, den sogenannten Trappisten, und den „Zisterziensern der Allgemeinen Observanz“. Man hatte sich, nicht zuletzt auch aus nationalen Gründen (die Mehrheit der trappistisch geprägten Klöster lag in Frankreich), auseinander gelebt. Schließlich trennte Papst Leo XIII. den „Orden der Reformierten Zisterzienser Unserer Lieben Frau von La Trappe“ 1892 vom Zisterzienserorden ab.

Säkularisation

Die Klöster in Frankreich und Deutschland fielen – als eine Folge der Französischen Revolution – der Säkularisation zum Opfer. Den Klöstern in Osteuropa, vor allem in Böhmen, die im 17. und 18. Jhd. besonders erstarkt waren, wurde durch den Josephinismus ein jähes Ende bereitet. Das letzte eigentliche Generalkapitel tagte 1786 in Cîteaux; die Mutter aller Zisterzen wurde 1791 aufgehoben. Die wenigen von der Aufhebung verschonten Häuser mussten sich infolge äußeren Drucks der „aufgeklärten“ Herrscher in der Pfarrseelsorge oder im Schulwesen nützlich machen. Das Chorgebet wurde zeitweise nicht mehr gehalten – es schien keinen gesellschaftlichen „Nutzen“ zu haben.

Neubeginn

Das erste Generalkapitel nach dem Neubeginn trat 1867 in Rom zusammen. Eine bedeutende Rolle bei der Formierung des neuen Zisterzienserordens fiel dem Kloster Mehrerau zu. Dieses ehemalige Benediktinerkloster bei Bregenz hatten 1854 aus Wettingen (Schweiz) vertriebene Zisterzienser erworben. Abt Maurus Kalkum, gebürtig aus Koblenz, nahm mutig ein Angebot des Limburger Bischofs an und erwarb das ehemalige Kloster Marienstatt, das er unter großen personellen und finanziellen Opfern wiederaufbaute. Damit war 1888 nach einer Welle ständiger Aufhebungen und nach dem fast gänzlichen Ende des Ordens wieder ein Kloster gegründet worden. Weitere Gründungen und Wiederbesiedlungen folgten.

Die vor dem Zweiten Weltkrieg herrschende Unsicherheit veranlasste mehrere Ausweichgründungen in den USA, Brasilien und Bolivien. Auch in den ehemaligen Kolonien einiger europäischer Länder wurde zisterziensisches Leben eingepflanzt. Nach dem Krieg konnten weitere Niederlassungen in Übersee entstehen, durchweg mit Hilfe aus Europa. Der Orden hat heute in Vietnam die meisten Mitglieder.


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